Doris Margreiter: Roter Wirbelwind5 Min. Lesedauer
Doris Margreiter ist eine ungewöhnliche Sozialdemokratin. Sie setzt sich für Kleinunternehmer ein. Sie will durch einen Vorzugsstimmenwahlkampf ins Parlament. 7.500 Stimmen benötigt sie dafür. Ein Gespräch über Wirtschaft, Arbeit und Zukunft.
Doris Margreiter ist eine zierliche Person. Die rund 1,55m große Dame betritt keinen Raum, sie strahlt herein. Mit einem breiten Lächeln und schnellem Schritt kommt sie einem entgegen. Sie ist eine der wenigen Personen, denen man noch Begeisterung für Politik ansieht. Margreiter kämpft mit voller Energie in ihrem Vorzugsstimmenwahlkampf. Wels ist neben ihrem Heimatbezirk Vöcklabruck auch im Fokus, da sie hier viele Unterstützer hat.
Frau Margreiter, Sie setzen sich für Kleinunternehmer ein. Ist die SPÖ als Arbeiterpartei hier die richtige Plattform?
Arbeiterpartei passt hervorragend für Kleinunternehmer. Diese arbeiten schließlich auch. Meistens bis zur Selbstausbeutung. Und diese hatten in der Vergangenheit keine gute Vertretung. Da ich selbst als Unternehmerin von ganz unten angefangen habe, weiß ich über die Probleme Bescheid.
Die wären?
Ich habe als Ein-Personen-Unternehmerin angefangen. Ich hatte ständig Angst, krank zu werden. Der Betrieb steht still und du verdienst nichts. Gerade am Anfang – bei vielen laufenden Kosten – kann dir das schnell finanziell das Genick brechen. Niemand würde einem Angestellten zumuten, dass er kein Gehalt mehr bekommt, wenn er krank wird. Deswegen muss es für Selbstständige auch Krankengeld geben. Das wäre das mindeste, was der Staat für Leute tun kann, die Zeit, Risiko und viel Arbeit in den Aufbau eines Unternehmens stecken, welches später vielleicht Arbeit für andere schafft.
Hier wären wir schon beim nächsten Thema: Die hohen Lohnnebenkosten verhindern, dass Unternehmer mehr Mitarbeiter einstellen.
Richtig. Ich habe dazu einen gewagten Vorschlag: Einkommen bis zu 1.500 Euro brutto sollten steuerfrei sein. Dann würde sich Arbeit auch wieder lohnen, und gerade Kleinunternehmer könnten sich ihren ersten Angestellten leisten und somit wachsen.
Das hört sich alles schlüssig an. Nur warum wurde das noch nie umgesetzt?
Weil andere Kräfte bis dato stärker sind. Es ist auch ein parteiinternes Wettrennen. Der sozialdemokratische Wirtschaftsverband wird aber zunehmend stärker. Das sieht man auch an den Ergebnissen bei den letzten WK-Wahlen. Dennoch hat der ÖVP-Wirtschaftsbund in allen Bereichen innerhalb der Kammer nach wie vor eine absolute Mehrheit. Aber die Stimmen der Kleinunternehmer sollen nicht nur in der SPÖ gestärkt werden. Da die Wirtschaftskammer viel zu wenig für die Interessen der Mehrheit ihrer Mitglieder kämpft, würde ich eine eigene Kammer für Kleinunternehmer befürworten, die sich auf diese Gruppe fokussiert.
Das wird schwierig umzusetzen sein. Die WKO wird sich mit Händen und Füßen wehren.
Selbstverständlich, die meisten ihrer Mitglieder sind ja auch Kleinunternehmer. Vertreten werden aber meist nur die Interessen der Industrie. Die kleinen Wirtschaftstreibenden müssten aber ihre Macht erkennen und auch zur WK-Wahl gehen. Das tun viele nicht, weil sie zu Recht enttäuscht von ihrer Vertretung sind.
Viele Menschen über 50 Jahre werden teilweise in die Selbstständigkeit gezwungen, weil sie sonst keine Arbeit mehr finden. Ist das eine gute Entwicklung?
Ich halte es nie für eine gute Entwicklung, wenn jemand zu etwas gezwungen wird. Es sollte eine Option sein. Wie man neuen Selbstständigen helfen kann, haben wir ja schon ausführlich besprochen. Aber man sollte nie jemanden in das Unternehmertum „hineintheatern“. Es gibt bereits Initiativen, die Arbeitsplätze für die Generation 50+ schaffen wollen. Die Aktion 20.000 stammt von Arbeits- und Sozialminister Alois Stöger, der die Langzeitarbeitslosigkeitin dieser Altersgruppe bekämpfen will. Im Rahmen der Aktion sollen insgesamt 20.000 Arbeitsplätze jährlich für langzeitarbeitslose Menschen ab 50 Jahren in Gemeinden, über gemeinnützige Trägervereine und Unternehmen geschaffen bzw. gefördert werden.
Leider werden die nicht von allen Gemeinden umgesetzt. Im Landtag wurde von der SPÖ Fraktion ein Antrag gestellt, dass sich das Land OÖ mit in Summe 350 Jobs an der Aktion beteiligt. Der Antrag wurde von ÖVP und FPÖ abgelehnt.
Nicht nur Arbeit ist ein großes Thema, sondern auch leistbarer Wohnraum.
Darüber zerbrechen sich schon viele den Kopf. Ich will hier nicht behaupten, die Allheillösung zu haben. Eine Idee hätte ich aber schon: Bei öffentlichen Wohnungen wird ein Teil der Miete auf ein Wohnkonto eingezahlt, das sich über die Jahre aufsummiert. Dieses Geld wird beim Erwerb von Eigentum zu einem späteren Zeitpunkt angerechnet. Somit gehen nicht 100% der Mietzahlungen als reine Kosten verloren. Gerade bei Kleinwohnungen für junge Leute muss man nicht immer einen Lift im Haus haben. Dieser wirkt sich auch auf die Betriebskosten aus. Ein 20-jähriger ist froh, wenn er eine günstige Garconniere hat. Hier ist eine niedrige Miete wichtiger als aufgezwungener Luxus. Heutzutage ist es auch normal, im Leben mindestens dreimal umzuziehen. Im mittleren Alter kann man dann schon eine Wohnung suchen, die auch für das höhere Alter geeignet ist.
Wenn wir schon beim Alter sind. Kommen wir zum Ende unseres Gesprächs zu einem roten Kernthema: Pensionen. Gerade vor Wahlen redet ja jeder von der Erhöhung der Pensionen. Die Frage ist aber, wie man das finanzieren sollte.
Aus meiner Sicht ist das bestehende System sehr wohl gesund. Sichere Pensionen sind eine Frage des Wollens. Wir brauchen keine Horrorszenarien. Wo wir ansetzen müssen, ist, dass Menschen länger gesund im Erwerbsleben gehalten werden. Wir brauchen Programme gegen Langzeitarbeitslosigkeit über 50 wie die angesprochene Aktion 20 000. Auch muss man darüber nachdenken, welche Pensionen angehoben werden. Die SPÖ steht dafür, die Mindestpensionen zu heben und nicht Luxuspensionen zu schützen.