Kommentar

Wenn der Westen nicht untergehen will, darf er seine Werte nicht aufgeben3 Min. Lesedauer

6. März 2022 2 Min. Lesedauer

Wenn der Westen nicht untergehen will, darf er seine Werte nicht aufgeben3 Min. Lesedauer

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„Ich bin zwar anderer Meinung als Sie, aber ich würde mein Leben dafür geben, daß Sie Ihre Meinung frei aussprechen dürfen,“ ist ein bekanntes Zitat von Voltaire, einer der einflussreichsten Philosophen der Aufklärung. Die westliche Welt ist eng mit der Aufklärung und ihren Werten verbunden. Freiheit, Individualismus und die Abkehr von Dogmen waren Werte, auf denen die westliche Welt quasi ein Monopol hatte. Es ist nicht schwer gefallen, ideologisch klar auf der Seite des Westens zu stehen. Doch Freiheit und Pluralismus scheinen auch in unseren Breiten immer mehr durch eine autoritäre Gesellschaftsstruktur ersetzt zu werden. Lohnt es sich eigentlich noch, für den Westen einzustehen?

Erst in schlechten Zeiten erkennt man das wahre Gesicht einer Gesellschaft. Die Corona-Krise hat eines gezeigt: Wir leben in einer durch und durch illiberalen Welt. Erst versuchte man die Bevölkerung mit List und kollektivistischen Phrasen wie „Wer sich impft, ist solidarisch“ zu einem umstrittenen medizinischen Eingriff zu bewegen. Als sich trotzdem ein Teil der Bevölkerung trotz gesellschaftlicher Ächtung und Grundrechtseinschränkungen nicht freiwillig an von der herrschenden Kaste als alternativlos hingestellten Impfung beteiligen wollte, dann wollten die größenwahnsinnigen Politikerdarsteller es mit der Impfpflicht versuchen.
Kritischen Medien versuchte man zuerst die Förderungen zu entziehen – nachdem das nicht funktionierte, denken manche bereits an ein Sendeverbot bekannter Fernsehsender nach, die sich nicht im akzeptierten Meinungsspektrum bewegen wollen. In sozialen Medien entscheiden „Faktenchecker“, was gepostet werden darf und was nicht. Da nicht nur klare Lügen gelöscht werden, sondern bereits Meinungsäußerungen, kann man ganz klar von Zensur sprechen.
Da immer mehr Leute auf wenig zensierten Messengerdienst Telegram ausweichen, werden bereits Forderungen nach dessen totaler Sperre laut.

Wer gedacht hat, mit dem Ende der Coronakrise werden sich auch die damit verbundenen geistigen Kollateralschäden auch wieder etwas beruhigen, hat sich gewaltig geirrt. Ein Heer von Social-Media-Soldaten kämpft nun gegen jede gedankliche Abweichung im Ukraine-Konflikt. Nur das kleinste „Aber“ wird mit Freundschaftsentzug und im schlechtesten Fall auch beruflichen Sanktionen geahndet. Wer sich im Schwarz-Weiß-Bild nicht klar und lautstark auf die richtige Seite schlägt, muss Angriffe fürchten. Diese  Geisteshaltung ist von der Social-Media-Welt auch schon sehr spürbar in die Realität geschwappt. Die Münchner Philharmoniker entlassen ihren russischen Chefdirigenten, weil er sich nicht zum Ukraine-Konflikt äußert. Ein von Gerhard Schröders Spendengeldern finanziertes Kirchenfenster soll nun in einer Kirche in Hannover nicht eingebaut werden, weil sich der ehemalige Bundeskanzler zu wenig von Wladimir Putin distanziert.

Dass Wladimir Putin weder ein Demokrat noch ein Pazifist ist, steht fest. Jedoch hat auch die USA schon genügend völkerrechtswidrige militärische Eingriffe durchgeführt, ganze Länder nachhaltig ruiniert. Mit zweierlei Maß hat man nur deswegen gemessen, weil die USA trotz aller Defizite die Schutzmacht der freien Welt ist. Wer will eine von diesem Russland geführte Welt? In Putins Land kann man von Presse- und Meinungsfreiheit nur träumen, das Internet wird zensiert, Seiten gesperrt. Auch China, die nächste aufstrebende Weltmacht, hat kein Faible für Pluralismus. Dort geht man mit einem Social-Credit-System noch ein Stück weiter, um die Gesellschaft gleichzuschalten.

Der noch freiere Westen tut aber derzeit sein Bestes, es seinen konkurrierenden Systemen gleichzutun. Irgendwann wird man sich die Frage stellen, wofür es sich noch lohnt, den Westen zu verteidigen.