Corona-Förderungen: „Wir wurden von Regierung getäuscht.“3 Min. Lesedauer
Innenstadtreferentin Christa Raggl-Mühlberger über leere Versprechen der Regierung und die aktuelle Lage in Wels.
Frau Raggl-Mühlberger, wie bewerten Sie aktuell die Lage der Welser Handelsbetriebe?
Es war und ist für viele existenzbedrohend. Die Maskenpflicht ist für viele Menschen eine Herausforderung und die Lust am Einkaufen geht verloren.
War es wirklich nötig, auch kleine Geschäfte zu schließen?
Der Shut-Down war in vielen Bereichen wahrscheinlich unvermeidbar. Große Konzerne durften offenhalten und neben Lebensmitteln auch Nonfood-Produkte verkaufen. Sonderbar erscheint mir aber, dass kleine Geschäfte, die pro Quadratmeter weniger Kunden zählten, schließen mussten. In dieser Zeit hat Amazon weltweit 100.000 neue Arbeitskräfte gesucht.
Von Seiten der Regierung wird Hilfe in Milliardenhöhe versprochen. Allerdings hört man immer wieder, diese Hilfe käme nicht an.
Die von der Regierung versprochenen Hilfspakete waren und sind unzulänglich, mit großem bürokratischem Aufwand verbunden und sind keinesfalls zielgerichtet an die Unternehmer ausbezahlt worden. Es wurde bis heute nicht geschafft, sinnvolle Hilfspakete anzubieten. Zu der Kurzarbeit gibt es zusätzlich den Härtefallfonds, den Fixkostenzuschuss und den Hilfskostenzuschuss. Bis heute gibt es keine bindenden Voraussetzungen für den Fixkosten- und Hilfskostenzuschuss, da sich diese fast wöchentlich ändern.
Wie sehen Sie generell die Unterstützung der Wirtschafskammer für die Unternehmen in diesen schweren Zeiten?
Die Wirtschaftskammer Österreich besitzt Rücklagen von 1,2 Milliarden Euro und ich kann mir keine größere Notsituation vorstellen als diese, um wenigstens einen Teil der Rücklagen aufzulösen und sie ihren Mitgliedern zukommen zu lassen. Als Zeichen der Solidarität ihren Mitgliedern gegenüber hätte sich die Wirtschaftskammer auch entschließen können, zumindest auf die Kammerumlage 2020 zu verzichten.
Wie kritisch sehen Sie die Abwicklung des Härtefallfonds über die WKO?
Die Abwicklung über die Wirtschaftskammer sehe ich sogar sehr kritisch. Die Unternehmen als Mitglieder der Wirtschaftskammer geben auf dem Online-Formular Unternehmensdaten bekannt, die für die Wirtschaftskammer absolut keine Relevanz haben und die Kammer sollte keinen Zugriff auf diese Daten haben.
Aufgrund der von den Unternehmen überlieferten Daten an das Finanzamt wäre es ein leichtes gewesen, diese Institution mit der Abwicklung zu beauftragen. Jeder Unternehmer war somit gezwungen, seine Daten an die Wirtschaftskammer zu übermitteln, wenn er eine Unterstützung über den Härtefallfonds beantragt hat.
Wie Sie bereits erwähnt haben, ist die Arbeitslosigkeit stark gestiegen. Wie schätzen Sie die künftige Entwicklung ein?
Die Arbeitslosenzahlen haben ein Ausmaß erreicht, das uns alle mit großer Sorge erfüllt. Noch nicht abzuschätzen ist, wohin sich diese im Herbst entwickeln werden und ob viele von der Kurzarbeit in die Arbeitslosigkeit wandern.
Dass in Zeiten wie diesen die WKO OÖ eine der größten und vielfältigsten Berufsinformationsmessen, die „Jugend und Beruf“ in Wels, absagt, ist absolut nicht nachvollziehbar. Jetzt ist es wichtig, den Jugendlichen und Unternehmen eine Perspektive zu bieten.
Kommen wir nach Wels zurück. Was braucht es Ihrer Meinung nach, damit der wirtschaftliche Schaden so gering wie möglich gehalten werden kann?
Die Stadt Wels hat versucht, mit dem Soforthilfefonds den Unternehmern unter die Arme zu greifen – wurde jedoch daran gehindert, da Doppelförderungen nicht zulässig waren. Wir als Stadt Wels haben daher versucht, mit Aktionen wie „Mehrwertsteuerfreie Tage“, „Größte Gastromeile“, Sommerdekorationen in der Innenstadt und dem neuen Format „Sommeroutlet“ Kaufimpulse zu setzen und wieder Frequenz in die Stadt zu bringen.
Nichtsdestotrotz ist es aber gerade für den Welser Handel und die Gastronomie von großer Wichtigkeit, dass Regionalität wieder in den Vordergrund gerückt und das Bewusstsein gebildet wird, das der Online-Handel die Unternehmen schwer trifft.
Danke für das Gespräch.