Tipps für Eltern: Corona kindgerecht erklären5 Min. Lesedauer
Warum müssen wir plötzlich viel öfter Händewaschen als sonst? Warum tragen die Menschen in der Öffentlichkeit auf einmal Schutzmasken? Egal ob Kleinkind oder Teenager, die aktuellen Veränderungen in unserer Gesellschaft gehen nicht unbemerkt am Nachwuchs vorbei. Eltern sind noch mehr als sonst in ihrer Rolle als sichernde Bezugspersonen gefordert. Ihren Informationen rund um das Thema Corona vertrauen die Kinder – so ist es möglich, Falschinformationen sowie Angst, Panik und Bedrohung erzeugende Vorstellungen zu relativieren. Adrian Kamper, Leiter der Psychosomatik für Kinder und Jugendliche am Klinikum-Standort Grieskirchen, gibt Tipps, wie Corona-Gespräche mit Kindern verlaufen können.
Mit Kindern über Corona zu sprechen ist wichtig – dies sollte aber altersentsprechend geschehen. „Geben Sie Kindern sachliche Informationen, aber passen Sie Menge und Details an das Alter Ihres Kindes an! Die Informationen der Nachrichtensendungen sollten gefiltert und nicht eins zu eins weitergegeben werden“, rät Adrian Kamper, der die Arbeitsgruppe Psychosomatik der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) leitet. Eltern könnten zum Beispiel so formulieren: „Ja, viele Menschen erkranken derzeit am Virus, aber normalerweise verläuft die Erkrankung ähnlich einer Erkältung, die vorübergeht und bald ist man wieder gesund.“ Die Botschaften sollten der Wahrheit entsprechen, nicht dramatisieren, die Aussagen das Kind in der Altersphase abholen, in welcher es sich gerade befindet. „Können Kinder Fragen stellen und bekommen sie darauf ruhige, klare Antworten, ist dies ein guter Weg, um Ängste zu lindern“, ergänzt der Mediziner, der auch die Kinder- und Jugendheilkunde am Standort Grieskirchen leitet. Eltern sollten sich für die Fragen ausreichend Zeit nehmen und Zuwendung signalisieren.
Tipps für die Corona-Kommunikation mit Kindern
Naturgemäß haben Heranwachsende viele Fragen zur Welt um sie herum: Mit wahrheitsgetreuen, aber gefilterten, und vor allem einfachen Antworten kann übertriebenen Sorgen und Ängsten auf Seiten der Kinder vorgebeugt werden. Dabei ist es auch okay zu sagen: „Ich weiß es nicht.“ Man kann ergänzen „Aber viele Menschen arbeiten daran, die Antwort auf diese Frage herauszufinden.“ Und das Kind ermutigen „Wenn du selbst Vorschläge hast, erzähle mir davon!“. Der Grieskirchner Kinder-Primar empfiehlt das Corona-Youtube-Video der Stadt Wien „Das Coronavirus Kindern einfach erklärt“, welches alle wesentlichen Punkte rund um Virus, Erkrankung und Verhaltensmaßnahmen auf kindgerechte Art und Weise kurz und bündig zusammenfasst – online auf https://www.youtube.com/watch?v=_kU4oCmRFTw
So erklären Eltern Corona altersgerecht
Für Kleinkinder – kurz und unkompliziert
- unkomplizierte kurze Sätze, Konzentration auf heute und morgen
- Geschichten und Spielsachen einbeziehen
- Veränderungen einfach erklären: „Mami arbeitet jetzt von zuhause.“
- Wichtigste Faktoren, die stabil bleiben müssen: Essen, Schlafen, Spielen, Nähe
Für 4- bis 7-Jährige – Wiederholungen sind wichtig
- begreifen Krankheit anhand einfacher Symptome, wie zum Beispiel Husten
- Ursache und Wirkung aufzeigen: „Wir waschen uns die Hände und schützen uns so vor dem Virus.“
- besser mehrmalige Wiederholungen als komplexe Erklärungen
- wichtig ist „die Welt im hier und jetzt“: was geht rundum vor sich, was passiert als nächstes, wie fühlt es sich gerade an
Für 7- bis 12-Jährige – Achtung Stressanzeichen
- verstehen, dass Krankheit unterschiedliche Symptome haben kann
- …, dass nicht alle Prozesse im Körper sichtbar sind
- …, dass nicht jeder Husten Anzeichen für Corona ist
- Stress zeigt sich nun häufiger körperlich, etwa durch Bauch- und Kopfschmerzen, oder psychisch, wie durch den Wunsch nach mehr Nähe
Für Jugendliche
- verstehen, dass sich Zukunft unterschiedlich entwickeln kann, machen sich Gedanken und Sorgen über Zukunft
- Kommunikation mit Freunden, Infos über Internet und Social Media
- Gefahr von Falschinformationen, deshalb Kommunikation darüber wichtig
- zuverlässigen Quellen nützen – etwa über WHO: https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/advice-for-public/myth-busters
Für alle Altersgruppen gilt
Verstärkter Stress kann sich durch körperliche Beschwerden oder psychische Reaktionen zeigen, unter anderem durch Bauch- oder Kopfschmerzen, verstärktes Herzklopfen, vermehrte Suche nach Zuwendung, Unruhegefühl, Stimmungsschwankungen oder Schlafstörungen.
Weiterführende Informationen:
Familien-Tipps für diese außergewöhnliche Zeit:
Sinnvoller Zeitvertreib: Wichtig ist, neben den Lernzeiten die Alltagsgestaltung der Kinder zu unterstützen: Spielangebote, Lesestoff, Bastelmaterial und dergleichen sind hilfreich, auch zeitlich und inhaltlich passender Medienkonsum. Dazu gehört natürlich auch der Social-Media-Kontakt zu Gleichaltrigen.
Familienalltag mit Struktur: Gestalten Sie Ihren Tagesablauf mit Fixpunkten und Ritualen – wie Aufstehzeiten, Tageskleidung, Lern- und Spielzeit, Pausenzeiten für alle Personen, geregelten Essenszeiten, gemeinsamen Aktivitäten, Tag- und Nachtrhythmus.
Auch Spaß darf sein: Tägliche Auszeiten mit Spaß und Humor in Form von Lesestoff und Filmen, Zerstreuung durch gemeinsame Kreativität und Spielen sind wichtig.
Allein sein erlaubt: Auch zuhause nicht auf die Privatsphäre vergessen! Deklarieren Sie einen Rückzugsraum für sich und verschaffen Sie sich immer wieder eine Pause!
Was gilt, das gilt: Vereinbarungen und verbindliche Regeln legen Zuständigkeiten fest – so sind Alltagsarbeiten und Haushaltsaufgaben gut aufgeteilt. Am besten schriftlich ausformulieren und gegebenenfalls gemeinsam Anpassungen vornehmen!
Bei dicker Luft: Wenn die Stimmung einmal zu kippen droht, sind Umgangsregeln wichtig, damit die Situation nicht eskaliert. Am besten bereits vorab ein Wort als Stopp-Signal oder eine „Ampelregelung“ (grüne, gelbe und rote Karte) verbindlich vereinbaren! Bevor Familienmitglieder aneinandergeraten, sollen sie rechtzeitig das Feld räumen und auseinandergehen – zum Beispiel in festgelegte Örtlichkeiten, wie das eigene Zimmer oder den Garten. Unverhältnismäßige Bestrafungen gegenüber Kindern sind zu vermeiden. Nach einer Beruhigungsphase ist es wichtig, die Konfliktsituationen nachzubesprechen.
Telefonische Hilfe: Bei drohender oder erlebter aggressiver Eskalation in der Familie sowie bei großen Sorgen und Nöten ist es wichtig, mit Experten Kontakt aufzunehmen.
- Telefonseelsorge 142
- für Jugendliche: Rat auf Draht 147
- Opferschutzeinrichtungen: Gewaltschutzzentrum OÖ +43 732 60 77 60 und Krisenhilfe OÖ +43 732 2177