Das Welser Marktviertel3 Min. Lesedauer
Den Begriff „Marktviertel“ gibt es als Bezeichnung für das Areal eigentlich nicht. Das Gebiet, welches zwischen Pollheimer Park und Dragoner Straße sowie zwischen KJ-West und Lokalbahn liegt, gibt Aufschluss, wie die Stadt Wels ihre historischen Grenzen und ihr Dasein als Bauernstadt überwunden hat.
Ende 19./Anfang 20.Jhdt wurde in Wels viel gebaut und Infrastruktur geschaffen, um dem Bevölkerungszuwachs gerecht zu werden. Im Laufe der Zeit hat sich der Verwendungszweck mancher Gebäude jedoch drastisch verändert.
Früher Gottesacker- heute Wochenmarkt
Der alte katholische Friedhof, der sich am heutigen Marktgelände befunden hatte, wurde 1887 geschlossen. Im Jahr zuvor wurde der neue städtische Friedhof in der Neustadt eröffnet. Die Gottesäcker wurden seit dem 16. Jahrhundert traditionell immer an den Stadträndern angelegt. Durch diese Verlegung war eine Ausdehnung der Stadt Richtung Westen möglich. Der westliche Stadtteil Lichtenegg war bis 1938 eine eigenständige Gemeinde und daher noch nicht Stadtgebiet.
Der bereits seit dem 11. Jhdt festgesetzte Welser Wochenmarkt übersiedelte wegen Verkehrsproblemen von den Standorten Stadtplatz und Ring 1961 auf das ehemalige Firmengelände von Reisner & Wolff, das sich auf dem ehemaligen Friedhof befunden hatte. 1972 wurde die erste Markthalle eröffnet, 1997 schließlich die neue Halle entlang der Hamerlingstraße. Die alte Halle wurde 1998 für ein Wohnbauprojekt abgerissen.
Einkaufszentrum Gerngross
Das Einkaufszentrum Gerngross samt Tiefgarage mit 330 Stellplätzen wurde 1971 am Marktgelände eröffnet. Im Zuge der Umbauarbeiten Ende der 1990er Jahre wurde das alte Einkaufszentrum abgerissen und am gleichen Ort die neue Markthalle samt darüber liegendem Wohnkomplex errichtet.
Alte Sparkasse – Stadtmuseum – MKH
1902 wurde das imposante Gebäude seiner Bestimmung als Sparkassen-Gebäude übergeben. Bereits zwei Jahre später verlegte man die Sammlung des Stadtmuseums aus dem Rathaus in den neuen Bau.
1955 übersiedelte die Sparkasse in die Ringstraße und somit bezog neben dem Stadtmuseum in weiterer Folge das Stadtarchiv, die Volkshochschule und auch die Kulturverwaltung die freigewordenen Räumlichkeiten. Seit 2003 beheimatet die Alte Sparkasse das renommierte Medienkulturhaus (MKH). Leider wurde das markante Deckenfresko im Inneren übermalt.
Kaufhaus Herlitz
Bereits seit Beginn des 16. Jhdts steht an der Ecke KJ/Salzmann-Straße das “Haus beim Trischlbrun in der oberen Vorstadt am Eck”. Gerade älteren Bewohnern dürfte es als Kaufhaus Herlitz mit dem kleinen Arkadengang in Erinnerung sein. Mitte der 1960er Jahre wurde die Fassade drastisch modernisiert und der malerische Arkadengang entfernt.
Österreichischer Hof
Nach Bauplänen der Firma Weixelbaumer entstand Ende des 19. Jhdts an der Kreuzung Dragonerstraße/Dr. Koss-Straße das Haus mit dem markanten Turm. Bis in die 1960er wurde es als Gasthaus geführt. Später befanden sich die Buchhandlung Kellner, ein Brautmodengeschäft und eine namhafte Anwaltskanzlei im Österreichischen Hof.
Der Schlachthof
Der städtische Schlachthof nahm 1910 den Betrieb auf, um die Fleischversorgung der stetig wachsenden Bevölkerung zu gewährleisten. Die Sparkasse Wels spendete damals 250 000 Kronen und trug somit maßgeblich zum Bau des Betriebs bei. Es wurde mehrmals zu- und umgebaut, 1956 konnte das damals modernste Kühlhaus Österreichs in Betrieb genommen werden. 1977 beschloss der Gemeinderat die Auflassung des städtischen Schlachthofs. Seit 1985 befindet sich auf dem Gelände ein Kulturzentrum gleichen Namens.
Das Landesgericht
Das Landesgericht Wels wurde von 1895 bis 1900 im Stil des Historismus erbaut. Erst zu diesem Anlass wurde die Maria-Theresia-Straße angelegt, da es zuvor noch keine nennenswerte Bebauung gab. Vor dem Gerichtsgebäude mit angeschlossener Justizvollzugsanstalt wurde auch die erste öffentliche elektrische Beleuchtung installiert.
Das Landesgericht blieb als eines der wenigen Gebäude im sogenannten Marktviertel seiner eigentlichen Bestimmung treu, und Justitia fand ein schmuckes und dauerhaftes Heim.