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Historisch: Welser Volksfest & Messe Wels6 Min. Lesedauer

25. Juli 2017 5 Min. Lesedauer

Historisch: Welser Volksfest & Messe Wels6 Min. Lesedauer

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Sie ist eine der wichtigsten Institutionen unserer Stadt. Lange Zeit wurde Wels ausschließlich mit ihr assoziiert: Die Messe und das Volksfest. 134 Jahre hat sie auf dem Buckel. Wir versuchen anlässlich der letzten großen Landwirtschaftsmesse, die dieses Jahr gemeinsam mit dem Volksfest stattfindet, die Zeit des Volksfests von seiner Entstehung her zu durchreisen.

Wels 1878: 16 engagierte Welser Bürger tun sich zusammen und gründen – gemeinsam mit Vertretern aus der Stadtpolitik – ein Volksfest. Die Stadt erwirbt dafür einige Gründe auf der sogenannten Haubstenwiese. Gleich zu Beginn der Messe wird die Volksfesthalle, heute Stadthalle, um 8,5 Millionen Gulden erbaut. Am 06. September um 14:00 Uhr wurde dann das erste Welser Volksfest feierlich eröffnet. Damals wie heute war die Messe in einen gewerblichen Teil, einen rein landwirtschaftlichen Teil und einen Unterhaltungsteil gegliedert. Aus ganz Österreich-Ungarn reisten die Menschen in das damals noch unbedeutende Wels an, um diese Ausstellung zu besuchen. Die Staatsbahn gab eigene Sondertarife für die Fahrt nach Wels heraus. Auf Wunsch der Welser wurde das erste Volksfest sogar um einen Tag mit einer Nachfeier verlängert.

Wels war damals eine Kleinstadt; Handel und vor allem die Landwirtschaft dominierten das kleine Städtchen im Lande Ob der Enns. Sie ist es auch, in welcher jene 16 Bürger eine große Chance sehen. Wels liegt inmitten einer äußerst fruchtbaren, von der Landwirtschaft regierten Gegend. Mit Eintreten der Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts siedeln sich zunehmend Betriebe in Wels an, die Landwirtschaftsmaschinen produzieren. Doch nicht nur für die umliegende Landwirtschaft wurde die Ausstellung zur Institution. Die Stadt Wels selbst profitierte in hohem Ausmaß von der sich entwickelnden Messe. Durch Steuern und Abgaben wurden beträchtliche Summen an die Stadtkasse überwiesen. Den Veranstaltern selbst verblieb ein Reingewinn von 399 Gulden. Der Erfolg dieser Veranstaltung motivierte das Team weitere Volksfeste zu planen, ein Zyklus von 2 Jahren wurde vom gegründeten Volksfestausschuss festgelegt. Das zweite Volksfest beschäftigte auch die Presse in Wien.

Noch heute gehört sie zum Volksfest wie die Messe zu Wels, die Probebeleuchtung, obgleich kaum jemand weiß, woher der Name für die traditionelle Vorabendveranstaltung kommt. Das zweite Welser Volksfest wurde erstmals mit elektrischem Licht beleuchtet. Um zu sehen, ob die technische Errungenschaft auch den Anforderungen des Volksfests gerecht wird, wurde am Vorabend die Probebeleuchtung durchgeführt. Aber auch das Feuerwerk war damals schon ein großer Publikumsmagnet. Die Zeitung „Illustriertes Wiener Expressblatt“ widmet dem Welser Volksfest die gesamte erste Seite. Das Volksfest begann rasant zu wachsen, schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren erste Aussteller aus dem Ausland zu Gast in Wels. Das sechste Welser Volksfest blieb einigen Welsern lange in Erinnerung. Kronprinz Rudolf höchst-persönlich stattete Wels aus gegebenem Anlass einen Besuch ab. Zum 60. Regierungsjubiläum von Kaiser Franz-Josef wurde eine Jubiläumsausstellung durch-geführt. Lagen die Besucherzahlen zu Beginn des 20. Jahrhunderts zwischen 200 und 300 Personen, sprengte das Jubiläumsvolksfest alle Grenzen. 86.180 Menschen besuchten das Volksfest. Die k. u. k. Staatsbahnen setzten eigene Sonderzüge ein, um die Besucherströme ohne lange Wartezeiten nach Wels zu bringen, doch auch diese Züge waren maßlos überfüllt. Schon wenige Jahre später sanken die Besucherzahlen, Wels befand sich im Weltkrieg.

Am 05. August verkündet Österreich-Ungarn Serbien den Krieg, aus diesem Anlass „wird das Volksfest auf nächstes Jahr verschoben“, hieß es. Tatsächlich fand das nächste Volksfest erst 10 Jahre später wieder statt. In der schweren Zeit der Rezession und Depression war in Wels kein Platz für Feste. 1924 stattete Bundespräsident Hainisch der Messe seinen Besuch ab. Das Gelände konnte inzwischen Richtung Traun erweitert werden. Zwei Jahre später, 1928, verzeichnete das Volksfest wieder 194.000 Besucher. Schon damals tauchten Forderungen auf, das Volksfest in „Messe“ umzubenennen. Dies wurde aber erst 1952 umgesetzt. 1930 konnte erstmals ein Besucherrekord von 300.000 Menschen verzeichnet werden. Nur ein kurzes Aufleuchten, bevor Österreich und damit auch die stolze Volksfeststadt Wels in die nächste Katastrophe läuft.

März 1938: Jubelnde Scharen säumen die Straßen, von jenen, die nicht jubeln, sieht man kaum etwas. In jenem Tag sehen viele Österreicher den Tag der Befreiung, nicht ahnend, was ihnen bevorsteht. Das Jahr 1938 ist ein Volksfestjahr, die Welser Erfolgsinstitution wird kurzerhand um-benannt in „Landwirtschaftsschau Ostmark“, die erste Halle wird eröffnet, die Reichsnährstandshalle. Das ehemalige Volksfest wird als Parteiveranstaltung missbraucht, während die „neuen Herren“ fahnenschwenkend unter Hakenkreuzen in ihren Uniformen posieren. Es werden bereits die ersten politischen Gegner des NS-Regimes sowie Juden und Homo-sexuelle verhaftet und vertrieben und später vernichtet. Wie betäubt von der Ideologie des Schreckens feiern die Welser „die Heimkehr ins Reich“, ein Volksfest 1940 gibt es auf Grund des Krieges nicht mehr. Welser Männer werden in den 2. Weltkrieg eingezogen, viele kehren nicht mehr zurück, 1944 ist an ein Volksfest nicht zu denken. Freute man sich einst über das Knallen der Feuerwerkskörper, gehört das Knallen der Bomben in Wels zum Alltag. 1946 liegt Wels in Trümmern, von Glanz und Gloria der NS-Zeit blieb lediglich die erste Halle der Messe bestehen. Auf dem Volksfestgelände wird kurzzeitig ein Zeltlager für Flüchtlinge eingerichtet.

1948: Einige engagierte Welser, darunter auch der spätere Messepräsident Franz Prummer, wagen das Projekt des ersten Nachkriegsvolksfestes und dieses erzielte einen weitreichenden Erfolg, unter den Gästen der neue Bundespräsident Dr. Karl Renner.

1949 wurden – um das Areal besser nutzen zu können – Zwischenmessen in ungeraden Jahren abgehalten. Das Volksfest entwickelt sich weiter.

Mit dem einsetzenden Wirtschaftswunder wuchs auch die Messe stark an, 1952 konnte ein Besucherrekord von 840.000 Besuchern verzeichnet werden, zwei Jahre später waren es eine Million. Thema der Ausstellung, die ab 1952 Messe genannt wurde, war „Wiederaufbau in Österreich“. Aber auch die Bundesrinderschau sowie die Zucht- und Mastviehschau waren ein großer Erfolg. Binnen weniger Jahre entwickelte sich das Volksfest zu einer Millionenmesse. Sie war  Veranstaltung im Spätsommer in Österreich. Aus der ganzen Welt reisten die Menschen nach Wels, um dabei zu sein. Insgesamt 22 feste Hallen standen der Messe 1960 zur Verfügung, 1962 wurde erstmals die legendäre Radiosendung „Autofahrer unterwegs“ von der Messe aus übertragen.

Die Messe 1964 stand ganz im Zeichen der Erhebung Wels zur Stadt mit eigenem Statut. Das erste Mal trug die Messe den Titel „Internationale Welser Messe“. Die Feierlichkeiten wurden allerdings vom plötzlichen Ableben des Messepräsidenten Karl Hellmich überschattet, einen Tag vor Eröffnung der Messe verstarb er unerwartet. Neuer Messepräsident wurde Franz Prummer. Schon damals zeichnet sich der Trend hin zu Fachmessen ab. 1965 wird das „Niederösterreichische Weindorf“ er-richtet. 1966 wird die Bäckereiausstellung zur fixen Einrichtung auf der Welser Messe. 1968 wird die „Burgenländische Weinkost“ eröffnet. Im selben Jahr sollte eine Sonderausstellung der CSSR (Tschechoslowakei) gewidmet werden. Dieses konnte aber von der Weltpolitik vereitelt werden, nur kurz vor Messe-beginn marschierten Truppen des Warschauer Paktes in die CSSR ein und beendeten den Prager Frühling.

Der Aufschwung der Welser Messe war auch in den kommenden Jahren nicht zu stoppen. Das Areal nahm immer mehr Platz ein. Während man in Wien am Landmaschinensektor Schwierigkeiten hatte, war in Wels schon einige Zeit vor Messebeginn alles ausgebucht. In den 70er Jahren werden fast im Messezyklus neue Hallen errichtet. Die Messe lockt auch die Prominenz der österreichischen Politik an, Rudolf Kirchschläger und Bruno Kreisky besuchen die Highlights regelmäßig.

Aber auch Fred Sinowatz und Jörg Haider besuchen das österreichische Aushängeschild. Nach einem Messebesuch trifft man sich gerne beim Altstadtheurigen Neumayr.

In den 1980er Jahren wurde die Welser Messe von einer Brandanschlagserie heimgesucht. Am 21. Oktober 1984 wird in der Halle der Nationen Feuer gelegt. Wenige Wochen später folgen weitere Hallen.

Zu Beginn der 90iger Jahre wird die Messe zum Politikum, es kommen Forderungen auf, wonach die Messe auf das Flugplatzareal verlegt werden soll. Argument: Mehr vorhandener Platz und direkte Anbindung an die Autobahn. Nach langen Diskussionen wird dieses Projekt nie verwirklicht. Die nächste größere Erneuerung feierte 2007 ihren Einstand, das neue Messezentrum wurde eröffnet.